Tolerantes Kreuzberg

Nicht abschieben, sondern Probleme lösen

Monat: Februar 2017

Erfolgreicher Gründungsakt

Große Welle der Solidarität

SOSEHEN GRÜNDER AUS: Silvia, Patrick, Nick, André und Marianne gründeten am Donnerstag mit zwölf weiteren Mitstreitern offiziell die Initiative „Tolerantes Kreuzberg“

Am Ende waren es 17 Mitstreiter, die am Donnerstagabend im „Backbord“ die Initiative „Tolerantes Kreuzberg“ aus der Taufe hoben. Es wären wohl noch deutlich mehr geworden, wenn der Termin nicht so kurzfristig anberaumt worden wäre. Das jedenfalls lassen die Unterstützerunterschriften vermuten. Innerhalb von nicht einmal 48 Stunden hatten mehr als 100 Kreuzberger mit ihrer Unterschrift dagegen protestiert, dass die Gruppe von Methadonpatienten, die sich täglich im U-Bahnhof Gneisenaustraße trifft, von diesem Ort vertrieben werden soll. Außerdem haben auch Nachbarschaftsvereine wie MoG61 und Kiez Community ihre Unterstützung zugesagt. Auch andere Institutionen signalisierten schon ihre Solidarität

Betroffene berichten
Kopf der Initiative ist Sylvia Zepfel, die gemeinsam mit zwei Gleichgesinnten tags zuvor zum U-Bahnhof gegangen war, um mit den Betroffenen zu sprechen. Aus ihren Reihen kamen Patrick und Nick am Donnerstagabend zu der ersten Versammlung der ITK. Sie berichteten von ihrem Alltag und sprachen darüber, dass sie selbst durchaus einen anderen Ort bevorzugen würden. Ihnen ist das Problem auch durchaus bewusst, dass es Menschen gibt, die ihre Anwesenheit auf dem U-Bahnhof als Belästigung empfinden. „Wir wollen aber niemand Ärger machen“, erklärt Patrick.

Suche nach einem ungestörten Ort
Nach einer lebhaften Diskussion herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass schon viel gewonnen wäre, wenn es gelingen würde, einen Platz zu finden, wo sich die Gruppe ungestört und ohne selbst jemanden zu stören, treffen könnte. Um dieses Ziel zu erreichen würde man gegeben falls auch einen Verein gründen, meinte Nick. Die ITK sicherte für diesen Fall ihre volle Unterstützung zu.

Gespräch mit Sozialstadtrat
Die Initiative „Tolerantes Kreuzberg“ will sich zunächst mit Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler und der Initiatorin der anderen Initiative treffen, die mit ihrer Forderung nach Schließung der Methadonpraxis in der Heimstraße eigentlich alles erst ausgelöst hatte. Ziel einen solchen Gespräches, an denen zwei Vertreter der Initiative, zwei der Gruppe vom U-Bahnhof, sowie je ein Vertreter von Kiez Community und MoG61 teilnehmen sollen, gemeinsam Lösungsvorschläge für das Problemfeld U-Bahnhof-Gneisenaustraße zu erarbeiten.

Nun auch auf Facebook
Darüber hinaus ist die Initiative nun nicht mehr nur mit einer Webseite im Netz vertreten, sondern auch mit einer Facebookseite.

 

Für ein tolerantes Kreuzberg

Kreuzberg zeichnet sich durch eine Kultur von Akzeptanz, Toleranz und Mitmenschlichkeit aus. Zu unserer Bestürzung mussten wir der Presse entnehmen, dass es in der Mittenwalderstraße Bestrebungen gibt, eine Initiative zu gründen, die genau diesem fundamentalen Selbstverständnis Kreuzbergs völlig zuwiderläuft. Es geht darum eine Gruppe, die sich regelmäßig im U-Bahnhof Gneisenaustraße trifft, von dort dauerhaft zu entfernen. Es handelt sich dabei um Menschen, die über das Medikament Methadon versuchen, sich von ihrer Rauschgiftsucht zu befreien. Wie es im Tagesspiegel heißt, passe eine Methadon-Ausgabestelle nicht in einen Familienkiez, so die Aussage der Initiatorin.

Nach unserer Auffassung passen solche Aussagen vor allem nicht nach Kreuzberg. Trotzdem hat dieser Vorstoß auch sein Gutes. Viele sind erst dadurch auf die Lebensumstände dieser sogenannten „Substituierten“ überhaupt erst aufmerksam geworden. Deren eigentliches Problem ist, dass sie keinen Platz haben, an dem sie sich treffen können, ohne sofort anzuecken. Das gilt für den U-Bahnhof Gneisenaustraße genauso wie am Marheineke-Platz, der im Sommer als Treffpunkt dient. Dies ist der eingangs erwähnten Akzeptanz-Kultur Kreuzbergs nicht würdig.

Deshalb möchten wir alle, die das ähnlich sehen, dazu einladen, nun selbst initiativ zu werden.

Folgende Punkte sollte die Initiative verfolgen

  1. Es soll verhindert werden, dass die Gruppe dauerhaft vom U-Bahnhof Gneisenaustraße vertrieben wird, ehe nicht eine Alternative für ihre täglichen Treffen gefunden wurde.
  2. Es soll verhindert werden, dass die Methadon-Ausgabestelle verlegt wird, mit dem Ziel die Substituierten aus unserem Kiez heraus zu ziehen.
  3. Es sollen Lösungsvorstellungen und Alternativvorschläge für einen regelmäßigen und akzeptierten Treffpunkt der Gruppe entwickelt werden.
  4. Die Initiative sucht den Dialog mit dem zuständigen Bezirksstadtrat Knut Mildner-Spindler ebenso wie mit jener Gruppierung, die die Substituierten aus dem U-Bahnhof Gneisenaustraße vertreiben will.

Grundsätzlich sind wir auch an weiteren Ideen und Zielen interessiert.

Wir laden daher alle Interessierten zu einem Informations- und Gründungstreffen am Donnerstag, 23.2. um 19.30 Uhr ins Backbord, Gneisenau- /Ecke Schleiermacherstraße ein